Published on : 15 Apr 2021

AUFGESCHOBEN IST NICHT AUFGEHOBEN: TRANSFORMATIONSERFORDERNISSE DüRFEN AUCH IN DER KRISE NICHT AUS DEM FOKUS GERATEN

Die Automobilindustrie befindet sich in der größten Transformation der letzten Jahrzehnte mit disruptiven Auswirkungen für einige Teilbereiche. Der Eintritt neuer Marktteilnehmer, gerade in den Bereichen E-Mobilität und autonomes Fahren, bringt die traditionellen OEMs in Zugzwang. Gesellschaftliche Debatten über einen nachhaltigen Antrieb und politische Vorgaben zur CO2-Reduzierung setzen den Verbrennungsmotor weiter unter Druck.

Insbesondere die Zulieferer im Bereich des Antriebsstranges, ein traditionell wichtiger Markt für Deutschland, werden mit einer grundlegenden Veränderung ihres Geschäftsmodells konfrontiert. Dabei sind klassische Lieferanten wie Gießer oder Metallbearbeiter besonders betroffen – aber auch in der Wertschöpfungskette vorgelagerte Unternehmen wie Werkzeugmaschinenbauer bleiben nicht verschont. Gerade hier macht sich ein erheblicher Rückgang in den Auftragsbüchern bemerkbar.

Die durch die COVID-19-Krise verursachte Umsatzdelle hat die Komplexität der bestehenden Herausforderungen durch beeinträchtigte Lieferketten und fehlende Cash Flows erhöht. Auch der Trend hin zu mehr Elektroantrieben wurde durch entsprechende Förderanreize beschleunigt.

OEMs und Zulieferer stehen vor umfangreichen Herausforderungen

Zulieferer stehen vor dem Dilemma, neue Innovationen entwickeln zu müssen, um ihr rückläufiges Kerngeschäft zu kompensieren. Nur durch Kosteneinsparungen wird sich das Problem langfristig nicht lösen lassen. Rückläufige Umsatzvolumen und Cash Flows erschweren die Finanzierung von neuen Produkten und Innovationen erheblich.

Auch OEMs werden zukünftig auf härtere Fronten stoßen. Bisher konnten die Autohersteller an den Produktivitätssteigerungen ihrer Lieferanten partizipieren. Geringere Absatzmengen erlauben Zulieferern jedoch nur sehr selektive Preisnachlässe, die sie an die OEMs weitergeben können. Dieses Problem wird sich weiter zuspitzen und Jahrespreisverhandlungen könnten zukünftig vermehrt Preiserhöhungen anstelle von Preisreduktionen betreffen. Konsolidierungen unter Zulieferern, ein bisher probates Mittel Skaleneffekte zu realisieren, können diesen Trend nur bedingt abfangen.

Die Corona-bedingten Umsatzeinbrüche konnten viele Unternehmen insbesondere durch staatliche Hilfsmaßnahmen und kurzfristige Einsparungen auffangen. Obwohl bereits vor der COVID-19-Krise viele Zulieferer stark zu kämpfen hatten, ist es paradoxer Weise bis jetzt zu keiner nennenswerten Insolvenzwelle gekommen, die auch vor den Wahlen im Herbst 2021 nicht wahrscheinlich erscheint.

Die akuten Themen haben dazu geführt, dass Kapazitäten und finanzielle Mittel von mittelfristigen Transformationserfordernissen abgezogen wurden. Nach einer Stabilisierungsphase gilt es jedoch schnellstmöglich in einem immer kleiner werdenden Zeitfenster den Fokus auf die Lösung dieser industrieweiten Transformationsproblematik zu lenken.

Fazit

  • Rückläufige Umsatzvolumen im Kerngeschäft erschweren Finanzierung von Innovationen
  • Kostenvorteile aus Produktivitätssteigerungen können nicht im bisherigen Ausmaß an OEMs weitergegeben werden
  • Kurzfristige Insolvenzwelle ausgeblieben
  • Fokussierung auf mittelfristige Transformation notwendig

Für weitere A&M Expert Trends, klicken Sie bitte hier.

Authors

  • Joachim Lubsczyk

    Managing Director Germany